Der Rattenfänger lächelt weise!

Eine Ode an Ernst Häusler / Zürich

Es geschah zu einer Zeit als der stärkste Mann in Aussersihl in den Strassen um die Bäckeranlage flanierte, das Trolly die Stammkneipe der Hells Angels war und der kleine Walti und Mändi endlich mit 14 Jahren aufs Mofa steigen konnten.

Pozzi an der Schreinerstrasse, Lucchinetti an der Stauffacherstrasse, ich war umringt von Motorrad-Reparaturwerkstätten mit häufigem Besuch der Kunden.

Triumph, Norton, BSA, Velocette, italienische Guzzi, Aermacchi, Motom, Vespa, Benelli und weiss was alles musste gepflegt, geflickt und fahrbereit gemacht werden. Die virtuosen Mechaniker fuhren mit langen Ledermänteln zur Fahrzeugkontrolle um den Lärm einzudämmen, Rennmaschinen für Rundstrecke und Bergrennen wurden auf Holzbretter im Seitenwagen angezurrt und an die Veranstaltungen transportiert. Einstellarbeiten an Jules Velocette Truxton vor Einsätzen in Hockenheim fanden auf der Stauffacherstrasse statt. Mit dem Riesen-Megafon an der Truxton konnte man das Herunterschalten vor dem Bullingerplatz hören. Herrliche Zeiten!

Was aber mit den Mofa-Jungs Walti und Mändi? Gierig lasen wir spärliche Zeitungsberichte und Ranglisten über Strassenrennen, Moto Cross, Geländesport und Trial. Was war passende Orientierung für unsere Hödis? Die Hinterhöfe der Wohngevierte, mit feinem Kies unter den Teppichstangen dienten wöchentlich als Speedway Strecke, die gewellte Fritschi Wiese als Sprunghang und die Strassen in Aussersihl, Wiedikon und Industrie als Rennstrecke. Mändi’s 1-Gang Cilo mit Kupplung war für meinen Sachs unschlagbar.

Da war die Kiesgrube im Hardwald bei Weiningen, heute das Autobahndreieck Limmattal, dort wurde Motocross trainiert. Sowas passte ins Jugendkonzept. Veloänhänger, Holzharasse, 3-Gang handgeschalteter Florett mit Pedalen ausgeschlachtet und fertig war die Geländemaschine und Transportmittel.

Jeder Samstag war die Reise wert. Mofa und Florett betankt, Anhänger beladen, ab die Post. Da traf man Trialfahrer, Motocross und Endurofahrer. Eigenbau für den kleinen Geldbeutel, echte Motocross und Geländemaschinen, unser Herz schlug höher.

Rund um einen Herrn mit Brille scharten sich die aktiven Motocrossfahrer aus Zürich, es wurde Greeves gefahren. Fasziniert lauschten auch wir seinen Worten. Er sprach die Worte und Wahrheiten, von denen wir bei unserer Erziehung zuhause kaum je gehört hatten.

Mändi kaufte die erste Occ. Greeves 250 mit Villiers Motor, später folgten neuere Modelle und dann die 380cc 2-Port Maschine. Damit fuhren auch unsere Idole Arthur Browning und Vic Allan an Veranstaltungen in der Schweiz. Immer 2 Schritte hinter dem Mann mit der Brille konnten wir hautnah die Engländer bewundern.

Weltmeisterschaftsläufe und Grand Prix des Nations wurden auch in der Schweiz durchgeführt. 1973 Motocross Wohlen, die Trainings lassen aufhorchen: da fahren ja 4-Takter mit, und wie! Jahrelang dominierten die 2-Takter 250 & 500 cc Weltmeisterschaften, jetzt tauchen da wieder 4-Takter auf und werden höllisch gefahren. Mit der ihm eigenen Geradlinigkeit steuert Ernst Häusler (der Mann mit Brille) auf die Engländer zu und er erfährt mehr über die Chlöpfer. Die Geburtsstunde der CCM Motorräder in der Schweiz.

Ernst Häusler übernimmt CCM Import und Vertretung für die Schweiz, mit überzeugenden Argumenten gewinnt der Rattenfänger Grössen wie Bünter, Wichser und viele mehr für sein Produkt. Der Erfolg gibt ihm Recht. Bis heute ist der Charakter dieser Chlöpfer unerreicht und die Worte Ernst Häuslers sprechen immer noch die Wahrheit!

Der Geschichten um Ernst Häusler sind viele, ich bin stolz Ernst kennengelernt zu haben, er hat mich in meiner Jugend begleitet und geformt, er ist auf meiner Heldenstufe zusammen mit Steve Mc Queen…

Walter Traber / 12. Aug. 2019